Iondrive: Wiederverwertung von kritischen Rohstoffen wird zum „Muss“ – innovative Technologien notwendig

Im Jahr 2022 wurden in Europa rund 10,7 Mio. t Elektroschrott erzeugt. Das entspricht etwa 20 kg pro Person. Diese Zahlen gehen aus einer aktuellen Studie der von der EU gegründeten E-Schrott-Initiative FutuRaM hervor. Das Problem: Die Millionen ausgemusterten Mobiltelefone, Laptops, Server, Kabel, Haushaltsgeräte, Elektrobatterien und andere Elektroprodukte enthalten jährlich etwa eine Million Tonnen kritischer Rohstoffe, wie aus dem FutuRaM-Report hervorgeht. Das entspricht dem Gewicht von 50 000 Standard-Containern mit jeweils 20 t – genug, um eine Linie von Paris bis Zürich zu bilden.

© iondrive technologie / Iondrive

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Kritische Rohstoffe (engl. Critical Raw Materials, CRM) sind Metalle und Mineralien, die von hoher wirtschaftlicher Bedeutung sind und ein hohes Versorgungsrisiko aufweisen. Beispiele sind Lithium, das für Batterien benötigt wird, sowie andere Metalle und Mineralien wie Platin, Iridium oder Rhodium. Sie sind für Technologie, erneuerbare Energien und digitale Anwendungen unerlässlich.

 

Rapider Anstieg von E-Schrott erwartet

In der anlässlich des International E-Waste Day am 14. Oktober veröffentlichten FutuRaM-Studie prognostizieren die Autoren, dass das Gesamtvolumen an E-Müll in Europa bis zum Jahr 2050 auf bis zu 19 Mio. t zunehmen könnte. Dies entspräche einem Anstieg von über 75 % gegenüber 2022. Die Menge der darin enthaltenen kritischen Rohstoffe wird sich bis 2050 voraussichtlich auf 1,2 bis 1,9 Mio. t/a erhöhen. Derzeit bleibt ein Großteil dieser Ressourcen ungenutzt, wobei Europa bis 2050 jährlich zwischen 0,9 und 1,5 Mio. t CRMs zurückgewinnen könnte – je nach politischem Willen, Sammelquoten und Recyclingeffizienz.

 

Wiederverwertung ja, aber umweltfreundlich

„Die Wiederverwertung kritischer Rohstoffe wird in Zukunft enorm an Bedeutung gewinnen“, sagt Ebbe Dommisse, CEO von Iondrive. Das australische GreenTech-Start-up hat eine innovative Single-Technologieplattform entwickelt, die eine umweltfreundliche und kostengünstige Rückgewinnung kritischer Mineralien und seltener Metalle aus Elektroschrott und Altbatterien ermöglicht. Dommisse verweist auf Schätzungen, denen zufolge der im Jahr 2022 entstandene Elektroschrott wiederverwertbare Metalle und Mineralien im Wert von rund 91 Mrd. US$ enthielt. Doch nur 22 % davon wurden recycelt.

© iondrive technologie / Iondrive

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Das Recycling von kritischen Rohstoffen aus Elektroschrott ist allerdings nur sinnvoll, wenn dafür keine Verfahren eingesetzt werden, die selbst ein Umweltproblem darstellen. Dommisse sieht hierin einen entscheidenden Punkt: „Im Unterschied zu herkömmlichen Recyclingverfahren, bei denen giftige Reagenzien verwendet werden, sind unsere Lösungsmittel wenig toxisch, biologisch abbaubar und wiederverwendbar.“ Möglich wird das durch eine spezielle Deep-Eutectic-Solvent-Technologie (DES), bei der Lösungsmittel zum Einsatz kommen, die durch die Mischung von Wasserstoffbrückenbindungsdonatoren und -akzeptoren entstehen. Laut Dommisse ist die Single-Technologieplattform in verschiedenen vertikalen Recyclingmärkten einsetzbar, beispielsweise bei ausgedienten Lithium-Ionen-Batterien, alten Leiterplatten, Solarpanels und Magneten.

 

Pilotprojekte in Australien, USA und Europa

Iondrive ist aus einem Spin-off der University of Adelaide hervorgegangen und verfügt über ein versiertes Team aus Wissenschaftlern, Forschern und Managern. Obwohl sich das Unternehmen noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium befindet, konnten bereits wichtige Meilensteine erreicht werden. Dazu gehört unter anderem ein Zuschuss der australischen Regierung in Höhe von 3,9 Mio. AU$ für den Bau einer integrierten DES-Pilotanlage in Australien, die 2026 in Betrieb genommen werden soll. Auch auf internationaler Ebene hat Iondrive seine Präsenz sowohl in den USA als auch in Europa ausgebaut. So unterzeichnete das Unternehmen im September 2025 einen 21-monatigen Vertrag mit Colt Recycling, einem großen amerikanischen E-Schrott-Verarbeiter, um seine Technologie zur Rückgewinnung von Seltenen Erden aus Elektromüll zu testen. In Europa hat Iondrive mit der PEM-Gruppe der RWTH Aachen Universität über eine deutsche Tochtergesellschaft ein Konsortium gegründet, das sich um EU-Fördermittel in Höhe von 3,1 Mio. € bewirbt. Das Konsortium will unter anderem nachweisen, dass recycelte Batteriezellen die gleiche Leistung wie solche aus Neumaterialien erbringen können.

www.iondrive.com.au

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