Entsorgungsbetriebe Lübeck gehen mit Elektrobagger MH24 neue Wege in der Kreislaufwirtschaft
20.03.2023Sie sitzen direkt an der Quelle – die Entsorgungsbetriebe Lübeck erzeugen Strom aus Bio- und Restabfall für ihr Flaggschiff, einen Elektroumschlagbagger MH24. Sein Job ist der Umschlag in der MBA, der mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage. Immer im Wechsel bestückt er die Anlage getrennt nach Rest- und Biomüll mit seinem Mehrschalengreifer. Rund 100 000 t Abfall werden im Jahresdurchschnitt behandelt. Orange Sammelfahrzeuge fahren in der Annahmehalle vor und kippen separat Rest- oder Bioabfall ab, den die Entsorgungsbetriebe aus der schwarzen und braunen Tonne der Haushalte und Betriebe der Hansestadt Lübeck einsammeln. Der Elektrobagger führt dann beides gesondert voneinander der mechanischen Aufbereitung zu, wo der Müll nach Einzelfraktionen aufgeteilt wird, um ihn weiter verarbeiten zu können.
Ziehen gemeinsam an einem Strang: Christoph Gieratz (links), einer der beiden Schichtleiter, zusammen mit Dirk Carstensen, Zeppelin Gebietsverkaufsleiter
© Caterpillar/Zeppelin
„Viel bewegen müssen wir ihn in unserem Zweischichtbetrieb nicht. Da die entsprechende Infrastruktur hier vorhanden war, bot sich die Technik an“, ergänzt Gieratz. Für kurze Fahrten ohne Strom genügt dem MH24 eine sogenannte Verfahrlösung, also ein kleiner Dieselmotor, der morgens und abends genutzt wird. Denn dann wird der Bagger in die Annahmehalle rein- beziehungsweise rausgefahren, wenn die Arbeit beginnt oder umgekehrt der Feierabend ansteht. „Damit wollen wir eine Brandgefahr ausschließen“, so der Schichtleiter. Der Bagger erzeugt ohnehin keinen Funkenflug und kaum Abwärme, womit er sich für Einsätze wie diesen eignet, bei dem leicht entzündbare Materialien umgeschlagen werden.
Trägt zum grünen Fußabdruck bei: der neue Elektrobagger MH24
© Caterpillar/Zeppelin
Hat der Elektrobagger seinen Job getan, sind neben Vorzerkleinerern Prallmühlen und Siebe für die Weiterverarbeitung gefordert, den Abfall immer weiter in seine Bestandteile zu zerlegen. In der Aufbereitungshalle werden Ersatzbrennstoffe mit einem hohen Heizwert, organische Feinfraktion zur Vergärung und Störstoffe getrennt. Letztere müssen herausgefischt werden, weil sie den biologischen Prozess behindern würden. Auch Metalle werden per Magneten herausgeholt, um sie dem Kreislauf der Wiederverwertung zuführen zu können. Aufgabe der MBA ist es, alle Wertstoffe akribisch zu erfassen, sodass am Ende eine hohe Verwertungsquote herauskommt. Die bei der biologischen Behandlung des Bioabfalls erzeugten Gärreste und die von Fremdstoffen befreiten und zerkleinerten Sortierreste werden im ansässigen Biomassewerk zu Kompost weiterverarbeitet. Aber nicht nur die gewonnene Biogasmenge lässt sich energetisch verwerten, sondern auch die erzeugten Ersatzbrennstoffe des Restabfalls und die nicht vergärbaren Bestandteile wie Holz werden der energetischen Verwertung in verschiedenen Kraftwerken zugeführt.
„Wir wollen so wenig wie möglich deponieren, um Deponieraum einzusparen. Nur das, was als inert gilt, landet auf der angrenzenden Deponie und wird dort eingebaut“, so Marius Urbansky, Sachgebietsleiter der MBA.
Fliegender Wechsel beim Umschlag von Bio- und Restmüll
© Caterpillar/Zeppelin
Dass sich durch die Antriebstechnik so eindeutige Kostenvorteile ergeben, bestätigt Dirk Carstensen, Zeppelin Gebietsverkaufsleiter, der seitens der Niederlassung Hamburg den MH24 lieferte: „Durch das elektrische Antriebskonzept ist es gelungen, Betriebskosten um bis zur Hälfe gegenüber Betriebskosten von herkömmlichen Dieselmotoren zu senken. Wenn noch der benötigte Strom selbst produziert wird, dann ist das ein unschlagbares Argument für einen Elektrobagger.“ Allerdings wird dann auch die akribische Trennung des Abfalls umso wichtiger: Je sortenreiner, desto höher fällt die Energiebilanz aus. Um insgesamt rund vier Millionen Kubikmeter Biogas pro Jahr in eigenen Blockheizkraftwerken einsetzen zu können, greifen die Entsorgungsbetriebe auf vier Mixer und drei Fermenter zurück. Somit trägt der MH24 zu einem grünen Fußabdruck bei, denn für den Betrieb der restlichen knapp 150 Fahrzeuge fallen 200 000 l Dieselkraftstoffe pro Jahr an. Deswegen haben die Entsorgungsbetriebe Lübeck die Weichen in Richtung E-Mobilität für den Fuhrpark gestellt. Zehn von insgesamt 32 Pkw, ein Servicemobil, zwei Pritschenwagen, zwei Kehrmaschinen und zwei Teambusse werden vollständig mit selbst aus Abfall und Abwasser erzeugter erneuerbarer Energie betrieben. Rund 65 000 km legen sie pro Jahr rein elektrisch zurück und sparen dabei über 3000 l Diesel ein.