Vorreiterrolle

Recycling in der EU in Pandemiezeiten

Die Europäische Union (EU) strebt eine weltweite Vorreiterrolle in der Kreislaufwirtschaft an. Wie weit man dabei ist, zeigt sich zuerst in Krisenzeiten. In dem folgenden Beitrag wird gezeigt, wo die EU derzeit beim Recycling steht, zu welchen neuen Herausforderungen die Corona-Pandemie geführt hat und wie sich die aktuelle Situation bei Verpackungsmüll, Kunststoff- und Textilabfällen sowie Altbatterien darstellt.

1 Einführung

Einwegverpackungen in Straßengräben, Autoreifen, Kühlschränke und Farbeimer im Wald, Gelbe Säcke an Parkplätzen, Haushaltsmüll in öffentlichen Papierkörben. Die illegale Abfallentsorgung ist in Europa nicht nur in Deutschland ein Thema. In Corona-Zeiten haben sich zwangsweise Gewohnheiten verändert. Ein Ergebnis ist eine neue Welle beim Online-Shopping mit größeren Verpackungsmengen. Die Entrümpelung von Kellern und in Kleiderschränken mit langen Wartezeiten vor Bauhöfen, bürokratischen Annahmeprozeduren und der Verweigerung bestimmter Abfälle, aber auch überquellende Sammelcontainer haben zu einer weiteren Verärgerung geführt. Andererseits ist das Recycling-Bewusstsein infolge immer neuer Bestimmungen gesunken. Dies betrifft insbesondere Wegwerfartikel, die aus einem Materialmix bestehen oder verunreinigt sind, wie z.B. Atemschutzmasken.

Nichtsdestotrotz wird der Kreislaufwirtschaft in Europa eine hohe Bedeutung beigemessen. In der Europäische Union (EU) werden jährlich mehr als 2,5 Mrd. Tonnen Abfall produziert. Um den Übergang von einer Linearwirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft zu fördern, wurden die EU-Rechtsvorschriften für die Abfallwirtschaft aktualisiert. Im März 2020 legte die Europäische Kommission einen weiteren Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft vor. Er enthält Vorschläge für eine nachhaltigere Produktgestaltung und zielt darauf ab, das Abfallaufkommen zu verringern und Abfälle weitgehend zu recyceln. Im Februar 2021 nahm das Europäische Parlament zusätzlich eine Entschließung an, in der schärfere Recyclingziele und verbindliche Reduktionsziele bei der Verwendung und dem Verbrauch von Materialien bereits bis 2030 gefordert werden.

Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft ist auf die Abfallvermeidung ausgerichtet, indem Produkte besser reparierbar sind und ihre Lebensdauer verlängert wird. Dies zielt darauf ab, das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu fördern. Auch die weltweite Führungsrolle der Union im Bereich Nachhaltigkeit und Verbraucherrechte sollen damit gestärkt werden. Der neue Aktionsplan steht in Einklang mit dem EU-2050-Klimaneutralitätsziel und ist einer der wichtigsten Bausteine des europäischen Grünen Deals und Teil der neuen EU-Industriestrategie. Der Schwerpunkt wird auf ressourcenintensive Sektoren gelegt, wie Elektronik, Kunststoffe, Textilien und Bauwesen.

2 Eckdaten zum Recycling in der EU

In der EU (EU27) wurden in 2018 nach Zahlen von Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) etwa 2340 Millionen Jahrestonnen (Mta) Abfall produziert, was etwa 5,2 t pro Kopf der Bevölkerung entspricht. Wie man an Bild 1 für das Jahr 2018 erkennt, machen Siedlungsabfälle nur einen Anteil von 8,2 % an den Abfallmengen aus. Die Hauptmengen entfallen auf Bauschutt, Abfälle aus dem Bergbau und Steinbrüchen, der Fertigung und der Abwasserbehandlung. Aktuelle Daten zur Zusammensetzung des Siedlungsabfalls, der insbesondere für das Recycling von Bedeutung ist, sind in den EU-Statistiken leider nicht zu finden. In Bild 2 ist dargestellt, wie sich im Jahr 2018 in Deutschland der Siedlungsabfall zusammensetzte. Man erkennt, dass sich hier die getrennt gesammelten Mengen an Papier & Pappe, Kunststoff, Glas, Metall und Textilien insgesamt bei nur etwa 35 % der Mengen bewegen.

Eurostat gibt folgendes Bild 3 für die anfallenden Mengen an Siedlungsabfall in den Staaten der EU27. Die Mengen sind von 213,4 Mta im Jahr 2015 auf 224,4 Mta im Jahr 2019 gestiegen. Dies entspricht etwa 502 kg pro Kopf; dies ist ein leichter Rückgang zu dem Spitzenwert in Höhe von 518 kg pro Kopf aus dem Jahr 2008. In Bild 4 ist dargestellt, welche Mengen Siedlungsabfall behandelt wurden und wie sie sich auf die verschiedenen Entsorgungswege aufteilen. Die Wertstoff-Recyclingmengen kommen auf die größten Anstiege mit 62,7 Mta im Jahr 2015 und 68,1 Mta im Jahr 2019. Aber auch die Mengen, die der Abfallverbrennung und Energierückgewinnung zugeführt werden, stiegen merklich, ebenso wie die Mengen, die kompostiert werden. Einzig die Abfälle zur Deponierung sind rückläufig, was auch ein erklärtes Ziel der EU ist. Bis 2050 sollen diese Mengen weniger als 10 % ausmachen.

Bild 5 zeigt die pro-Kopf-Recyclingmengen für den Siedlungsabfall in ausgewählten Ländern Europas. Der Durchschnittswert der EU27 lag bei 141 kg im Jahr 2015 und 152 kg im Jahr 2019. Auf höchste Wertstoff-Recyclingmengen kommen Deutschland und Dänemark mit 292 bzw. 283 kg pro Kopf. Niedrigste Mengen werden in Spanien, Griechenland, Portugal und Polen erreicht. Abgeschlagen auf dem letzten Platz landet Rumänien mit nur 20 kg pro Kopf im Jahr 2019. Über die relativen Mengen geben die Recyclingraten für die Siedlungsabfälle Auskunft (Bild 6). In Deutschland wurden 2019 etwa 66,7 % der Siedlungsabfälle recycelt, in den Niederlanden 56,9 %, in Belgien 54,7 %. Damit liegen diese Länder weit über dem EU27 Durchschnitt von 47,7 %. Weit unter Durchschnitt liegen Bulgarien, Griechenland, Spanien, Polen, Portugal, und auf dem letzten Platz liegt Rumänien. Um die Vorgaben aus dem Aktionsplan zu erzielen, sind also noch beachtliche Anstrengungen notwendig. Dies wird auch in dem aktuellen Monitoring-Report der EU deutlich [1].

3 Papier- und Verpackungsmüll

Im Bereich der Verpackungsabfälle werden in Europa die höchsten Wertstoff-Recyclingraten erreicht. Leider liegen von Eurostat hierzu keine aktuellen Daten vor, das letzte erfasste Statistikjahr ist 2018. In der EU27 fielen in 2018 pro Kopf der Bevölkerung 174 kg Verpackungsmüll an, 140,8 kg wurden gesammelt, 115,3 kg wurden recycelt, das entspricht einer Recyclingrate von 66,3 %. Dieser Wert ist seit 2014 nahezu unverändert. Von 2016 und 2017 wurden mit 67,5 % aber sogar höhere Werte registriert. Auf höchste Werte kommen Belgien 85,3 % und Finnland (70,2 %) (Bild 7). Deutschland hat seit 2009 (73,5 %) bis 2018 (68,5 %) an Boden verloren. Am unteren Ende des Rankings stehen Ungarn (46,1 %), Portugal (57,6 %) und Rumänien (57,9 %). Entsprechend werden bis auf Ungarn von allen Ländern die Recycling-Vorgaben von 55 % eingehalten. Auch der Vorgabewert der EU von 65 % für 2025 und 70 % im Jahr 2030 sollte weitgehend eingehalten werden.

In der EU kommen Papier und Pappe mit 31,8 Mta in 2018 auf die höchsten Anteile am Verpackungsmüll vor Kunststoffen (14,8 Mta) und Glas (14,5 Mta). Die Anteile für Papier und Pappe dürften zuletzt noch weiter zugenommen haben, da infolge der Corona-Pandemie ein sprunghafter Anstieg im Online-Handel (Amazon-Effekt) zu verzeichnen war. Dies wird auch aus den Zahlen von CEPI (Vereinigung der Europäischen Papierindustrie) deutlich. So sind in den Mitgliedsländern der CEPI im Jahr 2020 die Mengen an produzierten Pappen und Verpackungspapieren um 2,1 % gestiegen, Haushalts- und Hygienepapiere verzeichneten einen Anstieg um 1,9 %. Insgesamt sank die Papier- und Kartonproduktion in der EU aber um 6,6 %, in den CEPI-Mitgliedsländern um 5,0 %. Zeitungs- und Schreibpapiere hatten dabei Einbußen von 20,5 % bzw. 18,4 %.

Das Papierrecycling und die Nachfrage nach Altpapier (Bild 8) erlebte 2020 ein Auf und Ab. Zum einen stand die Nachfrage unter dem Vorzeichen, dass in China ein Importstopp verhängt wurde und nach 24,2 Mta im Jahr 2019 nur noch 6,7 Mta im Jahr 2020 importiert wurden. Zum anderen hinterließ die Corona-Pandemie Spuren. Nach einem verhaltenen Bedarf Anfang 2020 stieg die Nachfrage nach Altpapier im 2. Quartal mit Fortschreiten der Pandemie sprunghaft an. Im 3. Quartal waren die Märkte weitgehend gesättigt, und im letzten Quartal setzte sich die hohe Nachfrage fort. Die Verwendung von Altpapier in der Produktion der CEPI-Länder verringerte sich im Jahr 2020 um 2,1 % und erreichte eine Menge von 47,8 Mta. 96 % der Altpapiermengen stammen aus der EU, die Exporte an Altpapier sanken um 8,4 %.

In Deutschland, wo im Jahr 2018 pro Kopf 227,5 kg Verpackungsmüll erzeugt wurden, lagen im Jahr 2020 die Verbrauchsmengen für Altpapier lt. dem Verband Deutscher Papierfabriken (VDP) bei insgesamt 16,9 Mta nach 17,2 Mta im Jahr 2019, was Einbußen von 1,3 % entspricht. Im Zeitraum zwischen Januar und April 2021 sind die Altpapier-Verbrauchsmengen wieder um 5,1 % auf 5,95 Mta gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen. Die Produktion von Papier, Karton und Pappe für Verpackungszwecke ist um 6,8 % auf 4,38 Mta (Jan-Apr. 2021) gewachsen, während im gleichen Zeitraum die Produktion an grafischen Papieren um -7,5 % auf 2,07 Mta und bei Hygienepapiere um -4,8 % auf 0,49 Mta gefallen ist. Dies entspricht einem gesamten Produktionsanstieg um 1,5 % auf 7,44 Mta (Jan-Apr. 2021).

4 Kunststoffabfall

Die COVID-Pandemie hat den Negativtrend der europäischen Kunststoffproduktion 2020 um -8,5 % beschleunigt. Die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) vermeldete im Mai 2021, dass die Lieferketten in der kunststoffverarbeitenden Industrie seit Jahresbeginn 2021 aufgrund fehlender Rohstoffe und sprunghaften Preissteigerungen massiv unter Druck gerieten. Der Verband der Kunststoffhersteller Plastics Europe geht von einer angespannten Versorgungslage bei den Rohstoffen zur Herstellung von Polyethylen (PE), Polypropylen (PE) und Monoethylen (MEG) bis Ende des Jahres aus. 2019 hatte Europa einen Weltanteil von 16 % an der Kunststoffproduktion in Höhe von 368 Mta, China kam allein auf 31 %. Der Kunststoffbedarf in Europa lag im Jahr 2019 bei 50,7 Mta, auf Deutschland entfallen davon 24,2 %. Bild 9 zeigt den Bedarf in Europa nach den wichtigsten Industrien. Auf Verpackungen entfallen mit 39,6 % die größten Anteile, gefolgt vom Baustoffsektor und dem Automobilbau. 

2018 wurden in Europa (EU27 + UK, NO, CH) insgesamt 29,1 Mta Kunststoffabfälle (Bild 10) gesammelt; das sind fast 19 % mehr als im Vergleichsjahr 2006. Der Anteil an recyceltem Kunststoff hat sich von 4,7 Mta auf 9,4 Mta verdoppelt und liegt jetzt bei 32,5 % (Bild 11). Die Hauptmenge in Höhe von 12,4 Mta (42,6 %) geht in die energetische Verwertung, 7,2 Mta bzw. 24,9 % der Kunststoffabfälle werden noch deponiert. Für den Kunststoffverpackungsabfall in Höhe von 14,8 Mta ist das Recycling zur wichtigsten Option geworden. 42,0 % wurden im Jahr 2018 recycelt, 39,5 % gingen in die Verbrennung und 18,5 % auf Deponien. Die Recyclingraten für Kunststoffverpackungsabfall liegen von Land zu Land zwischen 26 % und 52 %, durchschnittlich kommt man auf 42 %. Die Exporte von Kunststoffabfall in Länder außerhalb der EU haben seit 2006 um 39 % abgenommen [2]. Seit 2021 sind nur noch Exporte von Rezyklat erlaubt, um der Vermüllung der Meere gegenzusteuern [3].  

2018 wurde in der EU eine Gesamtmenge von etwa 5,0 Mta Kunststoffabfälle recycelt. Dabei wird der Kunststoffabfall mechanisch und chemisch aufbereitet und in neue Kunststoffprodukte überführt. Etwa 4,0 Mta des Rezyklats verblieb in Europa, 1,0 Mta wurden exportiert. Von dem Rezyklat wurden 46 % für neue Bauprodukte, 24 % für Verpackungsmaterial, 13 % für landwirtschaftliche Folien und 17 % für sonstige Kunststoffprodukte für den Haushalt, Automobilbau, Schuhindustrie usw. verwendet. Die Industrie hat aufgrund der zuletzt erfahrenden Rohstoffengpässe erkannt, dass im Kunststoff-Recycling deutlich größeres Potenzial vorhanden ist. Plastics Europe hat im Mai 2021 verkündet, dass die europäischen Kunststoffhersteller bis 2025 2,6 Mrd. € und bis 2030 7,2 Mrd. € in chemische Recyclinganlagen investieren wollen. Bild 12 zeigt eine Pilotanlage von Carboliq im münsterländischen Ennigerloh wo Kunststofffolien-Abfall in Pyrolyse-Öl umgewandelt wird.

5 Altkleider und Textilien

Die Umsätze der europäischen Textilindustrie sind aufgrund der Corona-Pandemie 2020 drastisch eingebrochen, nachdem bereits in den Jahren 2018 und 2019 ein Negativtrend erkennbar war (Bild 13). Die größten Einbrüche entstanden im Bekleidungssektor, da der Einzelhandel infolge des Lockdowns komplett einbrach und das Online-Shopping nur vergleichsweise geringe Impulse brachte. Mitte des Jahres, als die Produktionen um fast 50 % einbrachen, war die Krise besonders stark zu spüren. Im ersten Quartal 2021 stiegen die Umsätze gegenüber dem Vorjahr zwar wieder leicht um 3,8 % an, von einer Entwarnung ist in der Industrie aber noch keine Rede. Im Gegenteil, gemäß Euratex, dem europäischen Bekleidungs- und Textilverband, wird sich die Krise auch noch im Jahr 2021 und womöglich im Jahr 2022 fortsetzen. Dafür sprechen der Preisverfall in der Bekleidungsindustrie sowie die Preissteigerungen bei den Rohstoffen, beim Färben und bei den Transporten.

Das Recycling von Textilien (Bild 14) spielt in Europa und weltweit bisher nur eine untergeordnete Rolle [4]. Leider liegen für die Europäische Union bis heute keine verlässlichen Daten über die Wiederverwendung und das Recycling von Bekleidung und Haustextilien vor. Die getrennte Sammlung von Textilien soll im Jahr 2020 in der EU zwischen 1,6 und 2,5 Mta liegen. Noch werden weniger als 1 % der Bekleidung stofflich recycelt, um daraus Garn für neue Bekleidung zu machen. Für Deutschland liegen allerdings für verschiedene Jahre Studien für den Bedarf, Konsum und die Wiederverwendung von Bekleidung und Textilien des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse) vor [5]. Bild 15 zeigt den aktuellen Konsum an Bekleidung und Heimtextilien sowie das Sammelaufkommen und die dazugehörigen Sammelraten. Das Sammelaufkommen entspricht 14,4 kg pro Kopf im Jahr 2015 und 15,3 kg im Jahr 2018.

In Bild 16 sind die Verwertungswege für die Jahre 2013 und 2018 nach dem Anteil an der Gesamtmenge dargestellt. Man erkennt, dass die Wiederverwendungsquote für Kleidung leicht auf 62 % angestiegen ist. Der Großteil dieser Kleidung wird exportiert. Die Weiterverwendung von Kleidung zu Putzlappen und anderen Verwendungen hat dagegen auf 14 % abgenommen. Mit 12 % ist auch ein deutlich kleinerer Anteil erkennbar, der stofflich verwertet bzw. zu neuen Fasern recycelt wird. Dies ist darauf zurückzuführen, dass immer mehr Mischgewebe verwendet werden und dass auch die Qualität der Fasern sinkt. Entsprechend sind die Mengen angewachsen, die thermisch entsorgt werden oder auf Deponien landen. In absoluten Zahlen wurden in Deutschland im Jahr 2018 nur noch 157 000 t stofflich verwertet – nach 172 000 t in 2013. Dieser Trend wird seitens der Recyclingindustrie als besorgniserregend eingestuft.

6 Altbatterien

Der Markt für E-Fahrzeuge boomt. Allein im April 2021 wurden weltweit 392 000 neue Elektroautos verkauft, auf Europa entfielen davon 71 500 vollbatteriebetriebe E-Autos und 81 000 Plug-in Hybride. Allein in Deutschland wurden im April fast 26 800 reine Elektroautos neu zugelassen (Bild 17), das entspricht einer jährlichen Steigerungsrate um 380 % und einem Marktanteil von 11,6 % bei den Neuzulassungen. In einem aktuellen Strategiepapier der EU werden die Marktaussichten des World Economic Forums übernommen, welches ein globales Wachstum an Batteriekapazität von 282 GWh im Jahr 2020 auf 2623 GWh im Jahr 2030 vorhersagt. Europa soll dabei zu 29 % an dem Wachstum beitragen. Dazu will die EU auch eine Revision der Batterierichtlinie 2006/66/EG aus dem Jahr 2006 durchführen und bis 2022 neu einführen. Dies wird in den Mitgliedsländern zu einer Überarbeitung der Batteriegesetze führen.

Jedes Jahr werden in der EU etwa 800 000 t Autobatterien, 190 000 t Industriebatterien und fast 200 000 t Gerätebatterien auf den Markt gebracht. Mit der neuen Batterierichtlinie wird der Kreislaufwirtschaft besser Rechnung getragen, die Nachhaltigkeit verbessert und Schritt mit dem technischen Fortschritt gehalten. In der Richtlinie nennt die EU-Kommission verbindliche Anforderungen für alle Batterien (Geräte-, Industrie- und Fahrzeugbatterien), die in der EU in Verkehr gebracht werden. Zukünftig gelten Batterien und Akkumulatoren als „tragbare“ Gerätebatterien, wenn sie versiegelt, leichter als 5 kg, nicht für industrielle Zwecke ausgelegt und weder als Elektrofahrzeugbatterie noch als Autobatterie eingestuft sind. Das wird dann erstmals auch Akkus aus E-Bikes einbeziehen. Um die Sammlung und das Recycling von Gerätebatterien erheblich zu verbessern, wird die derzeitige Sammelquote von 45 % auf 65 % im Jahr 2025 und auf 70 % im Jahr 2030 verbindlich angehoben.

In Bild 18 sind die aktuell verfügbaren konsumierten und gesammelten Mengen an Gerätebatterien in der EU27 dargestellt. Während die konsumierten Mengen von 172 000 t im Jahr 2014 auf 191 000 t im Jahr 2018 gestiegen ist, sind die Sammelmengen von 68 000 t auf 88 000 t angewachsen. Die Sammelrate aus diesen Mengen ist somit von 39,5 % auf 46,1 % gestiegen, womit die vorgegebene Sammelquote von 45 % eingehalten wird. Bild 19 zeigt, wie sich die Sammelquote auf einzelne Länder der EU verteilt. Dabei werden für auffällig viele Länder in einzelnen Jahren keine Werte ausgewiesen. Auf höchste Sammelquoten kamen zuletzt Polen (81,2 %), Belgien (61,6 %) und Bulgarien (53,5 %). Um unteren Ende des Rankings stehen die südeuropäischen Länder Griechenland (33,6 %), Spanien (37,5 %), Italien (36,1 % in 2017) und Portugal (31,0 %). Rumänien hatte im Jahr 2017 zuletzt eine Sammelquote von 49 % erreicht.

7 Ausblick

Die Europäische Union ist dabei, eine weltweite Vorreiterrolle bei der Abfallpolitik und Kreislaufwirtschaft zu übernehmen. Dazu wurde bereits im Dezember 2015 ein erstes Paket zur Kreislaufwirtschaft vorgelegt, welches überarbeitete Legislativvorschläge zur Abfallwirtschaft sowie einen umfassenden Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft mit einem konkreten Mandat für die Amtszeit der damaligen Kommission umfasste. Im Jahr 2018 wurde dies Paket durch ein zweites Maßnahmenbündel für die Kreislaufwirtschaft ergänzt, das u.a. die EU-Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft und einen Überwachungsrahmen mit Indikatoren für die Kreislaufwirtschaft vorsieht. Dazu wurden für den Zeitraum von 2016 bis 2020 öffentliche Mittel von insgesamt mehr als 10 Mrd. € bereitgestellt:

1,4 Mrd. € aus dem Programm Horizont 2020, davon 350 Mio. € für die Kunststoffkreislaufwirtschaft

7,1 Mrd. € aus der Kohäsionspolitik (1,8 Mrd. € für die Einführung von ökologisch innovativen Technologien durch KMU und 5,3 Mrd. € zur Unterstützung der Umsetzung des EU-Abfallrechts)

2,1 Mrd. € durch Finanzierungsmöglichkeiten wie den Europäischen Fonds für strategische Investitionen

außerdem Investitionen von mindestens 100 Mio. € aus dem LIFE-Programm in über 80 Projekten, die zur Kreislaufwirtschaft beitragen.

Die Daten von Eurostat zeigen aber auch deutlich, dass noch große regionale Unterschiede mit einem Nord-Südgefälle bei den Recyclinganstrengungen vorhanden sind. Solche Defizite werden auch sehr schnell deutlich, wenn man sich die großen Differenzen der Länder in der Anzahl der Recycling- und Abfallaufbereitungsanlagen anschaut. In manchen Ländern werden auch weiterhin unkontrollierte Deponien geduldet. Insbesondere hier ist für eine schnelle Abhilfe und Schließung solche Deponien zu sorgen. Außerdem hinkt das statistische Datenmaterial von Eurostat der aktuellen Entwicklung um 2 bis 3 Jahre hinterher, was keinesfalls akzeptiert werden kann. Es wäre wünschenswert, wenn die Beseitigung dieser Defizite noch in dem neuen Aktionsplan der EU zur Kreislaufwirtschaft aufgenommen wird.

Literatur • Literature

[1] Eurostat: Sustainable development in the European Union – Monitoring report on progress towards the SDGs in an EU context – 2020 edition. Electronic format 22.06.2020. European Commission, Brussels/Belgium

[2] Plastics Europe: Plastics – the Facts 2020, An analysis of European plastics production, demand and waste data. 2020 Plastics Europe Association of Plastics Manufacturers, Brussels/Belgium

[3] Harder,.J: Global problem. Plastic waste in the oceans – consequences and strategy solutions. recovery 3/2018, pp 34-43

[4] Harder,.J: Throwaway clothing. The limitations of textile recycling. recovery 4/2019, pp 46-57

[5] Forbrig, S. et al.: Textilstudie 2020 des bvse – Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. – Konsum, Bedarf und Wiederverwertung von Bekleidung und Textilien in Deutschland. Studie im Auftrag des FTR im bvse, 2020, Bonn/Deutsch-land

[6] Batteries Europe: Strategic Research Agenda for batteries 2020, European Commission 2020, Brussels/Belgium

[7] Harder,.J: Batterie recycling. High growth rates due to electromobility. Recovery 5/2020, pp 42-52

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