Im Fokus Kunststoff- und Batterie-Recycling

Berliner Recycling- und Sekundärrohstoffkonferenz 2021

Während die Berliner Recycling- und Sekundärrohstoffkonferenz im Jahr 2020 gerade noch vor dem durch die Corona-Pandemie bedingten Lockdown als reale Konferenz abgehalten werden konnte, ordnete sie sich 2021 wie so viele andere Veranstaltungen in die Reihe der Videokonferenzen ein. Das bedeutete einen erheblichen Aufwand für den Veranstalter, die Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH Neuruppin. Dank des inzwischen erworbenen Erfahrungsschatzes waren sowohl die Struktur der Veranstaltung als auch ihre technische Durchführung der Situation in hervorragender Weise angepasst. Dafür sei vor allem Herrn Dr.-Ing. Olaf Holm, Hauptverantwortlicher des Veranstalters, gedankt.

Der Pandemie Rechnung tragend, hatte sich die wissenschaftliche Leitung (Prof.Dr.-Ing.Daniel Goldmann, CUTEC Forschungszentrum Clausthal und Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Bernd Friedrich, RWTH Aachen) auf ein stark abgespecktes Format geeinigt. Die übliche Plenarsitzung und die fachspezifischen Vortragsreihen entfielen. Stattdessen wurden an den beiden Konferenztagen am 15. und 16. März 2021 zwei relevante Themenkomplexe behandelt, die im Hinblick auf die Umweltproblematik einen hohen Stellenwert haben:

Kunststoff-Recycling

Batterie-Recycling

Die Entwicklungen in Politik und Gesellschaft, die Rohstoffsituation und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflussen die Nachhaltigkeit und die Kreislaufwirtschaft. Das zeigt sich aktuell beispielsweise in der Erhebung der EU-weiten Kunststoffsteuer oder der Einführung des Begriffs „recycled content“ zur Spezifizierung des Recyclings, aber auch in den Bemühungen, das Recycling der für die E-Mobilität erforderlichen Li-Ionenbatterien (LIB) durch staatliche Forschungsgelder zu befördern. Den Status quo und welche Ziele und Hürden noch vor uns liegen bzw. überwunden werden müssen, zeigten die Vorträge und Diskussionen der beiden
Konferenztage.

Kunststoff-Recycling (Moderation –
Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldmann)

In seiner kurzen Einführung hob Prof. Goldmann nochmals die hohe Priorität des Kunststoff-Recyclings hervor und bezeichnete diese Thematik als „Dauerbrenner“. Prof. Goldmann wies auf die jüngsten Entwicklungen des rechtlichen Rahmens im Kunststoffbereich hin, die fraglos allesamt eine große Herausforderung für die Recyclingwirtschaft darstellen, z. B. die genannte Kunststoffsteuer (ab 01/2021 sind 80 Cent/kg nicht recycelten Kunststoffs an die EU zu zahlen, verboten werden in der EU ab 07/2021 bestimmte Einmalprodukte, ab 01/2022 leichte Kunststofftragetaschen, und es wird eine Kennzeichnungspflicht für Druckfarben geben, die das Recycling im geschlossenen Kreislauf (closed loop-recycling) erschweren. Außerdem werden die Diskussionen über die Anerkennung der möglichen Recyclingpfade – werkstofflich, chemisch, rohstofflich – fortgesetzt.

Insgesamt gab es 10 Vorträge zu den Schwerpunkten:

Strukturelle Fragen des Kunststoff-Recyclings und der Kreislaufführung sowie

Aktuelle Entwicklungen im Bereich des Recyclings und der Kreislaufführung

Daneben wurden aber auch deren Hemmnisse und Grenzen in den mannigfaltigen Beiträgen aufgegriffen. Diese sollten dazu dienen, die Thematik nicht wie in letzter Zeit so oft etwas dogmatisch, sondern auf der Grundlage von Fakten zu diskutieren.

Passend als Einstiegsthema war der Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres, Leibnitz-Universität Hannover: „Definitionen, Standards und Verfahren für das Kunststoff-Recycling“. Ein Blick in die Historie zeigt, dass 8 Mrd. t Kunststoffe seit ihrer Entdeckung vor ca. 100 Jahren produziert wurden, aber viel zu wenig dieses fantastischen Materials recycelt wurde. Außerdem geht der Trend immer mehr zur Herstellung kurzlebiger Produkte aus den betreffenden Abfällen, anstatt echte Kreislaufwirtschaft zu betreiben. Im Detail ging der Referent auf die Qualität der Rezyklate und die Notwendigkeit der Festlegung von Standards zur Markteinführung, die Art der Recyclingprozesse – enzymatisch, biologisch, mechanisch (werkstofflich), chemisch (rohstofflich) ein, wobei als Rezyklat ein Kunststoff aus dem Recycling von Kunststoffen definiert wird. Der Begriff Rezyklat sollte konkretisiert werden und neben dem Abfalltyp auch den Recyclingprozess und den Gehalt an recyceltem Material beinhalten. Auf die mit der Überarbeitung und Verbesserung der Standardisierung verbundenen Schwierigkeiten wie z. B. das Fehlen der C-14-Methode wie bei natürlichen Produkten, wurde hingewiesen und dem ökologischen Vorteil die hohen Kosten gegenübergestellt, die bei der Markteinführung unbedingt zu berücksichtigen sind.

Den Kosten der Kreislaufwirtschaft widmete sich auch Dipl.-Ing. Roman Maletz, TU Dresden in seinem Referat „Wirtschaftliche Betrachtung von Steigerungsmaßnahmen des Kunststoffrezyclat-Einsatzes“ und stellte die dafür gewählte Methodik vor. Für 16 Maßnahmen z. B. Substitutionsquoten, grünes Beschaffungswesen der öffentlichen Hand, Ökoeffektivität, Anlagenoptimierung, Mindestmengen an Recyclat wurden die Kosten und Steigerungseffekte ermittelt. Die Gesamtkosten für alle betrachteten Maßnahmen betragen 800 Mio. €, die dadurch erzielbaren Steigerungsraten 7 %! Das Fazit: wir werden nie zu einer bezahlbaren vollkommenen Kreislaufwirtschaft kommen können. Verwertung und Recycling dürfen nicht Selbstzweck sein, sondern müssen als Dienstleistung für die produzierende Industrie verstanden werden.

Dem Stand der Verwertung von Kunststoffabfällen in Deutschland (Bezugsjahr 2019) ging Projektleiter Ulrich Schlotter, BKV GmbH, Frankfurt in seinem Beitrag nach. Er gab einen umfassenden Überblick über den derzeitigen Einsatz an Kunststoff-Recyclaten in den verschiedenen Branchen (Bau- 47 %, Verpackungsindustrie 25 %, Landwirtschaft 11 %), analysierte die verschiedenen Abfallströme nach ihrem Anteil an kunststoffrelevanten Abfällen (Haushalt/haushaltnahe Gewerbe: 3,15 Mio. t und Gewerbe: 2,2 Mio. t) und stellte die Entwicklung der Kunststoffverwertung in den Bereichen energetisch, werkstofflich und rohstofflich seit 1994 dar. Obgleich die werkstoffliche Verwertung 2019 mit 3,1 Mio. t um 130 % auf ihren höchsten Wert gesteigert wurde, genügt dies nicht, um die zukünftigen deutschen und europäischen gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Es wurden auch die Grenzen der stofflichen Verwertung aufgezeigt.

Auch in weiteren Beiträgen wurden die erheblichen Schwierigkeiten beim Recycling einer so heterogenen Stoffgruppe dargelegt, die jedoch keinesfalls davon abhalten sollen, nach neuen Wegen und Möglichkeiten zu suchen, aber auch vor unerwartet hohen Vorstellungen und Forderungen warnen sollten. Zu nennen ist hier der Beitrag „Kunststoffe in Kreisläufe bringen – Hemmnisse und Grenzen“ von Prof. Dr. rer. nat. Rainer Dahlmann, RWTH Aachen. Er skizzierte zunächst den Handlungsbedarf wie. z. B. durch die enorme Abnahme der Exportmengen an Kunststoffabfällen nach China und den Fakt, dass in Deutschland bisher nur etwa 40 % recycelt werden. Folgende Hemmnisse für das werkstoffliche Recycling wie das Erfordernis eines hocheffizienten Abfallmanagements, die geringen Stoffströme, die zu geringen Recyclingkapazitäten, unsichere Entwicklungen in der Gesetzeslage, schwankende Qualitäten und Mengen, hohe Kosten und niedrige Ölpreise u. a. m. gilt es zu überwinden. Der Referent stellte zahlreiche Aktivitäten des Instituts für Kunststoffverarbeitung der RWTH Aachen wie chemisches Recycling zur Verwertung von Polystyrol-Abfällen, Entwicklung von Barriere-Schichten für Mehrweg-PE-Flaschen, Digitalisierung des Kunststoff-Recyclings, Schaffung eines Standards: R-Cycle = the digital standard for circularity vor. R-Cycle ermöglicht eine enorm verbesserte Sortierung und vermindert ein Downcycling. Prof. Dahlmann fordert eine Verdopplung der Recyclingraten bis 2025, einen individuellen Blick auf Produkte und Wertschöpfungsketten, um Kreisläufe zu schließen, interdisziplinäre Kooperationen und die digitale Transformation als Wegbereiter für Kunststoffkreisläufe. 

Über „Chemisches und mechanisches Recycling im Zusammenspiel zur zirkulären Wirtschaft“ berichtete Dr. Klaus Wittstock, BASF Ludwigshafen. Er stellte einleitend fest, dass nur ein Drittel aller Kunststoffabfälle im Kreislauf gehalten wird. Das ist weit entfernt von den Zielen des EU Green Deal und des Circular Economy Action Plan. Es besteht eine Recycling-Lücke von rd. 20 Mio. t und diese „könne nur durch chemisches Recycling geschlossen werden“, wobei sich mechanisches und chemisches Recycling ergänzen wie es die Lösungswege der BASF für mechanisches und chemisches Recycling zeigten.

Auch im Beitrag von Frau Carina Broneder, Ramboll Deutschland GmbH München, der sich mit belasteten Kunststoffen in Altfahrzeugen beschäftigte, standen neben den Möglichkeiten auch die Grenzen des Recyclings im Fokus. Die als Flammschutzmittel in den Kunststoffen verwendeten Deca-Brom-diphenylether (DecaBDE) müssen für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ausgeschleust werden. Das aber ist mit erheblichen Schwierigkeiten und Aufwendungen verbunden, die im Detail dargestellt wurden. Daraus wurden Empfehlungen für die Entsorgung der DecaBDE abgeleitet, die auf eine bessere Trennung vor und nach der Zerkleinerung ausgerichtet sind. Unter dem Gesichtspunkt der DecaBDE-Gehalte in Altfahrzeugen sollten Restriktionen für Exporte in Länder ohne angemessene Entsorgungs- und Verwertungseinrichtungen erlassen werden.

Im Themenkreis „Aktuelle Entwicklungen im Bereich des Recyclings und der Kreislaufführung“ wurden anwendungstechnische Verfahren und Ergebnisse vorgestellt. So berichtete Heiner Guschall, SICON Verwaltungs GmbH, Hilchenbach über die „Flexible und marktkonforme Kunststoffverwertung im VW SICON-Verfahren“ (Separation von Kunststoffen aus Shredderrückständen der Altautoverwertung und Veredlung zu marktfähigen Produkten).

Dem Thema Kunststoffverpackungen waren zwei Beiträge gewidmet: Frau Katharina Schweitzer, CEID Circular Economy Initiative Deutschland zeigte die Potenziale, Bedingungen und Herausforderungen auf, die zu einer Vielzahl von Empfehlungen der CEID geführt haben und Timothy Glaz, Werner & Merz GmbH, Mainz stellte das Unternehmenskonzept unter dem Thema „Markenverpackungen aus Post-Consumer-Recyclat“ vor. Das Unternehmen hat sich ganzheitliche Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben und für Reinigungsmittel – zukünftig auch Kosmetika – einen Standbodenbeutel aus Monomaterial mit abtrennbarer Außenhülle entwickelt. Damit ist ein Upcycling zu 85 % möglich Das Konzept heißt Verpackungen reduzieren + wiederverwenden + recyclen – so ist ein effektiver Kreislauf möglich. Textilrecycling ist wenig in der öffentlichen Diskussion, dabei stellen Textilien den drittgrößten Industriesektor weltweit und in Deutschland den zweitgrößten Konsumgütermarkt dar, aber nur 1 % dieser Stoffgruppe werden heute überhaupt recycelt wie Prof. Dr.-Ing. Stefan Schlichter, Institut für Textiltechnik Augsburg gGmbH in seinem Referat ausführte. Auch bei diesem Material wird ein kreislauforientiertes Recycling angestrebt, wofür einige Lösungsansätze aufgezeigt wurden.     

Nach der Abschlussdiskussion resümierte Prof. Goldmann:

Unterschiedliche Stoffe erfordern unterschiedliche Recyclingverfahren,

Wissenschaftsbasierte Aussagen ermutigen, dass es gelingt,

Deponierungen auszuschließen und

Exporte zu minimieren, ja sogar auszuschließen

  Eine zukünftige Aufgabe wird es sein, sich den Kunststoffabfällen in den Weltmeeren zu widmen.

Die Vorträge zeigten, dass es in der Kreislaufwirtschaft keinen allgemeingültigen Ansatz geben wird, auch – wie es Frau Dr. Anja Pieper, Volkswagen AG ausdrückte – „die Politik leider immer wieder einen fit-on-all-Ansatz  zu finden versucht“.

Batterie-Recycling (Moderation: Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Bernd Friedrich)

Wie schon in der letzten Konferenz ist das Thema Batterie-Recycling topaktuell und wirft noch immer genügend viele Fragestellungen und Probleme auf, die es zu lösen gilt, um auch auf diesem Gebiet zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu gelangen. Der gerade begonnene weltweite Boom für Elektrofahrzeuge wird sich weiter fortsetzen und ab etwa 2030 ist mit einem deutlichen Anstieg der Batterierückläufe zu rechnen. Einerseits nimmt also die Masse an Li-Ionen-Traktionsbatterien für die Elektromobilität enorm zu, andererseits steigt auch die Komplexität der Herausforderungen für ihr Recycling, wie die Vorträge am zweiten Tag der diesjährigen Konferenz deutlich zeigten. In den 11 Vorträge dieser Sektion wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen beim Umgang und bei der Verwertung von Batterien beleuchtetet, betriebliche und organisatorische Erfahrungen aus der Praxis mitgeteilt und neueste verfahrenstechnische Entwicklungen vorgestellt. Es interessieren nunmehr nicht mehr nur Recyclingquoten, sondern auch der Recyclinggehalt (recycled content), die IT-basierten Batterieinformationen und die Rückverfolgbarkeit.

Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Bernd Friedrich, RWTH Aachen strukturierte in seinem Einführungsvortrag „Alternative Verfahrensabläufe für das LIB-Recycling“ das umfangreiche Gebiet des Li-Ionenbatterie-Recyclings und die vielen Verfahrens-Alternativen, die für eine erfolgreiche technische Umsetzung der Kreislaufführung notwendig sind, aber er schilderte auch die damit verbundenen Herausforderungen. Die bisherigen Forschungen zeigen: der Weg vom Abfall zum Produkt ist sehr teuer, nur durch intelligente Anreicherung und Trennung wird eine hohe Wertschöpfung erreicht und unterschiedliche Verfahrenswege führen zu unterschiedlichen Produkten. Nicht jedes Verfahren / jeder Verfahrensschritt ist für perfektes Recycling erforderlich, vielmehr gilt es Kombinationen und Schnittstellen zu optimieren und stets bestmögliche Wertschöpfung im Sinne der Kreislaufwirtschaft als Ziel zu verfolgen.

Untersetzt wurden diese allgemeinen Ausführungen von den Fachvorträgen, die von den politischen Rahmenbedingungen über wissenschaftliche Betrachtungen bis hin zur Darstellung technischer Ergebnisse reichte. So berichteten beispielsweise Mattia Pellegrini und Jose Rizo, EU-Kommission Brüssel über den im März 2020 aufgestellten Aktionsplan Kreislaufwirtschaft als Teil des EU Green Deal. Darin enthalten sind auch umfangreiche Maßnahmen zur Erhöhung des Recyclings und der Wiederverwendung von Batterien enthalten, die näher erläutert und deren Zweck anhand von Zahlenmaterial (Entwicklungen bis 2035) untersetzt wurden. Auch diese Referenten stellten dabei die Problematik der immer zahlreicher werdenden Inhaltsstoffe und konform dazu das zunehmend schwieriger werdende Recycling dar.

Lösungsvorschläge für Politik und Wirtschaft im Hinblick auf eine zirkuläre Batteriewirtschaft entwickelte die AG “Traktionsbatterien“ der bei der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften ansässigen Circular Economy Initiative Deutschland (über 50 Mitglieder), deren Leiterin Frau Dr. Susanne Kladner, acatech München diese erläuterte und das Zielbild einer Circular Economy für Traktionsbatterien bis 2030 vorstellte. Daraus wurden 23 Handlungsempfehlungen abgeleitet, die in die Überarbeitung der EU-Batterie-Verordnung eingebracht wurden.

Weit über diesen Zeitpunkt hinaus gingen die Überlegungen von Prof. Dr.-Ing. Alexander Sauer, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung Stuttgart, die er in seinem Beitrag „Industrielle Demontage von Batteriemodulen zur Sicherung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe für die E-Mobilität“ vorstellte. Im Rahmen des Verbundforschungsprojektes „DeMoBat“ konnte gezeigt werden, dass eine (teil-)automatisierte Demontage der Schlüssel zur Kostensenkung bei der Weiterverwendung und beim Recycling von Batterien und E-Antrieben ist. Obwohl das Projekt bis 2022 läuft, können schon jetzt wesentliche Schlussfolgerungen gezogen werden, beispielsweise, dass die wachsende Batterierücklaufmengen die wirtschaftliche Attraktivität eines automatisierten Batterierecyclings und den ökologischen Recyclingbedarf, insbesondere der seltenen Elektrodenmaterialien steigern. Eine hohe Variantenvielfalt benötigt eine flexible Demontagestrategie. Zukünftig müssen alle Demontageschritte zu einer Gesamtlinie, vom Öffnen der Batterie bis zur Aufbereitung des gewonnenen Rezyklats, zusammengeführt werden.

Direkt in die Praxis führte der Vortrag von Frau Ing. Julia Frank, Northvolt Zwei GmbH & Co. KG, Braunschweig, die zunächst das Unternehmen, ein Joint-Venture zwischen Northvolt und Volkswagen, vorstellte. Northvolt Zwei will zum führenden europäischen Produzenten für nachhaltig hergestellte LIB‘s hoher Qualität avancieren. Die Referentin gab einen Überblick über die Zellproduktionskette („grüne Batterie“ hergestellt mit Wasserkraft) und erläuterte das Recyclingprogramm Revolt, das die Rückführung der Produktionsabfälle in den Zellproduktionsprozess beinhaltet. Die Batterieproduktion wird in Salzgitter mit einer Kapazität von 16 GWh 2025 anlaufen. Für das Recycling wurde 2020 bei Northvolt Labs in Västeras/Schweden eine Pilotanlage errichtet, 2023 soll bei Northvolt Ett (Nordschweden) eine industrielle Anlage mit einem Durchsatz von 25 000 t LIB’s/a in Betrieb gehen.

Bei den Herausforderungen des Batterie-Recyclings spielen die Unsicherheiten hinsichtlich Mengen, aber auch die Schwierigkeiten bei der Erfassung und Sammlung von unbrauchbaren Batterien und damit verbunden der Aufbau von Recyclingkapazitäten eine große Rolle. Diese, aber auch andere Unsicherheiten zeigte Dipl.-Ing. Thomas Nigl, Montanuniversität Leoben/A mit seinem Bericht „Aktuelle und zukünftige Recyclingkapazitäten für LIB mit dem Fokus auf den österreichischen Markt.

Auch in Frankreich werden große Anstrengungen unternommen, um zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft hinsichtlich Batterie-Recycling zu gelangen, wie der Vortrag von Dr. Axel Vansteene und Dipl.-Ing. Gabriel Crumiere, Eramet Ideas, Paris („Entwicklung eines nachhaltigen Recyclingkreislauf für LIB-Metalle“) zeigte. Es wurden die verschiedenen Einflussfaktoren für den Aufbau einer solchen Recyclingindustrie erörtert, die zugehörige Zeitschiene dargestellt, das Kooperations-Projekt ReLieVe (LIB-Recycling für E-Fahrzeuge) zwischen Eramet, BASF, SUEZ vorgestellt, dessen Ziel es ist, eine integrierte LIB-Recycling-Industrie in Europa zu entwickeln. Das bedeutet Sammlung der LIB‘s, Aufbereitung der gesamten europäischen Schwarzmasse in einer großtechnischen Raffinerie und Belieferung der europäischen Industrie mit qualitätsgerechten Metallsalzen für die Batterie-Produktion

Auf die Fülle von Anforderungen, die mit der Rücknahme und dem Transport von industriellen LIB‘S verbunden sind, ging Lisa Hoffmann, INTERSEROH Dienstleistungs GmbH, Berlin ein. SIMPLiRETURN ist ein Full-Service Rücknahmesystem von der Auftragsannahme bis zum Recyclingnachweis. Dabei liegt die Herausforderung in der Kombination aus verschiedenen logistischen Anforderungen und rechtlichen Rahmenbedingungen. LIB‘s können sowohl Gefahrgut als auch gefährlicher Abfall sein. Die Kombination aus beiden Rechtsgebieten führt zu einem aufwändigen Handling, das die Referentin detailliert erläuterte. Neben der Rücknahme (Prozessübersicht und Gegenüberstellung Gefahrgut – gefährlicher Abfall) stellte die Referentin auch die erforderliche Notifizierung bei internationaler Verbringung vor.

Schlussbemerkungen   

Auch wenn ein Online-Auftritt einen Vortrag vor Publikum niemals ersetzen kann – und das gilt sowohl für den Vortragenden als auch für den Zuhörer – kann die Konferenz als erfolgreich eingeschätzt werden. Wie eingangs schon erwähnt ist das nicht zuletzt der hervorragenden technischen Realisierung des Konferenzablaufs durch den Veranstalter zu verdanken. Die Teilnahme war an beiden Konferenztagen mit 163 (Kunststoffe) bzw. 173 (LIB) Teilnehmern gut. Die Auswahl der beiden Themenkomplexe kann nur begrüßt werden, denn die Herausforderungen für das Schließen von Stoffkreisläufen im Sinne einer echten Kreislaufwirtschaft ist gerade in diesen Bereichen unabdingbar. Dass es erforderlich ist, nicht nur national, sondern europäisch ja sogar global zu denken und eine Recyclingindustrie aufzubauen, zeigten die vielen Überlegungen und Projekte, die in Angriff genommen wurden und werden. Die technische Umsetzung von Forschungsergebnissen rückt zunehmend in den Vordergrund und es bleibt noch viel zu tun, zumal – und das war allen Beiträgen zu entnehmen – Recycling hohe Kosten verursacht und daher bereits bei der Herstellung von Produkten berücksichtigt werden muss. Große Herausforderungen warten noch, neue gesetzliche Vorgaben flankieren diese. Summa summarum hat die Konferenz gezeigt: immer wieder bringen Forschung und Entwicklung die Recycling- und Sekundärrohstoffwirtschaft den gesteckten Zielen einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft und damit der Ressourcenschonung und dem Umwelt- und Klimaschutz näher.

www.vivis.de

Autorin:

Dr. Brigitte Hoffmann, Consulting Kreislaufwirtschaft/Umweltschutz, Oberschöna

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