Wertschätzungsgesellschaft statt Wegwerfgesellschaft

REWIMET Symposium 2021 zum Thema Ressourcenmanagement

REWIMET, das Recycling Cluster wirtschaftsstrategische Metalle, hatte vom 25. bis 26. August 2021 zum REWIMET-Symposium 2021 „Ressourcenmanagement“ eingeladen. Das Besondere daran in der gegenwärtigen Lage: Es war als Präsenzveranstaltung geplant und konnte – unter strengsten Hygieneregeln – als Präsenzveranstaltung stattfinden. Über 100 Teilnehmer kamen zu der hochinteressanten, zweitägigen Veranstaltung nach Clausthal-Zellerfeld. Besonderes Highlight der Veranstaltung war das 10jährige Gründungsjubiläum der REWIMET e. V., welches am Abend im historischen Glück Auf-Saal u.a. mit einer Festrede von Prof. Joachim Schachtner, Präsident der Technischen Universität Clausthal, gebührend begangen wurde.

Das Netzwerk REWIMET e.V. aus Unternehmen, wissenschaftlich arbeitenden Institutionen und Gebietskörperschaften gibt es seit 2011. Es fördert Wissenschaft und Forschung zur Entwicklung neuer Recyclingstrategien und -verfahren bis zur industriellen Umsetzung. Der Verein unterstützt die Ziele des Green Deal der EU und der Rohstoffstrategie 2020 der deutschen Bundesregierung zum Klima- und Umweltschutz. Nachwuchsförderung sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit sind als unterstützende Maßnahmen unverzichtbar. Die Mitglieder beschäftigen ca. 46 000 Menschen und setzen jährlich ca. 9,5 Mrd. € um.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Dr. Ulrich Kammer und Dr. Dirk Schöps, REWIMET und einem Grußwort von Olaf Lies, niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. Lies beschrieb die Errichtung der Circular Economy als die größte Herausforderung in dieser Dekade. Die Wegwerfmentalität sei in unseren Köpfen gewachsen. Aus der Wegwerfgesellschaft müsse aber eine Wertschätzungsgesellschaft werden. Dafür brauche es ordnungspolitische Rahmenbedingungen. Wie so etwas funktioniert, zeige das Beispiel der Begrenzung von Flottenemissionen bei Autos. „Und weil wir in einer Gesellschaft leben wollen, die nicht von Verzicht geprägt ist, kommt dem Thema Innovation eine so große Bedeutung zu. Verzicht und soziale Spaltung darf es nicht geben“, mahnte Olaf Lies. Die Bevorzugung der Primärindustrie gegenüber der Recyclingindustrie, z.B. durch die Befreiung von der EEG-Umlage, sei nicht hinnehmbar. Allerdings müsse die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erhalten bleiben. Einwegnutzen sei für viele Produkte abzuschaffen, um die Nutzungsdauer von Produkten zu verlängern. Dabei sei das Prinzip Cradle to Cradle zu beherzigen.

Die Staatssekretärin Dr. Sabine Johannsen aus dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur beleuchtete die Bedeutung vertrauensvoller Netzwerke. Sie seien die Basis für den erfolgreichen Wissenstransfer. Das gelte für technische Innovationen genauso wie für das Mitnehmen der Zivilgesellschaft. Der Region in der Mitte Deutschlands sei die Circular Economy wie auf den Leib geschrieben, da waren sich beide einig. Ausgerichtet wurde das Symposium vom REWIMET e.V., Recycling-Cluster wirtschaftsstrategische Metalle. Die thematischen Schwerpunkte der folgenden Fachvorträge waren das Recycling von Gips, Metallen und Batterien.

Prof. Daniel Goldmann gab einen Überblick über 10 Jahre REWIMET e.V., dem Recycling-Cluster wirtschaftsstrategische Metalle. Im Jahre 2011 mit 13 Mitgliedern gegründet, sind heute 31 Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Kommunen und Verbände sowie Privatpersonen über REWIMET vernetzt. Innerhalb von 10 Jahren konnten 42 REWIMET-Projekte (solche Projekte, an denen mindestens 2 REWIMET-Partner beteiligt sind) bearbeitet werden. Allein in den letzten 12 Monaten wurden 12 Projekte gestartet. In fast allen Projekten sind auch Nicht-Mitglieder von REWIMET beteiligt. Dabei gibt es drei Stufen der Umsetzung: Forschung -> Innovation -> Überführung in die Praxis (mit dem Fokus auf Schaffung von Arbeitsplätzen, Rohstoffsicherung und Umweltschutz). Aktiv beteiligt sich REWIMET an der Stärkung des Wirtschaftsstandortes Harz, der eine lange Tradition in der Rohstoffgewinnung – am Rammelsberg werden seit dem 4. Jhd. Metallerze gewonnen – und im Recycling aufweisen kann. Prof. Goldmann stellte die einzelnen Aktivitäten vor: das WEEE-Harz Cluster, das Cluster Zirkuläre Batterieproduktion, das Cluster Mineralik-Recycling und nachhaltiges Bauen und die Schwerpunkte Metallrecycling sowie Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft.

Ein weiterer Themenblock umfasste das Recycling von Gips. Aufgrund des Ausstiegs aus der Kohleverstromung fällt zukünftig kaum noch REA-Gips an. Derzeit wird der Bedarf am Rohstoff Gips allerdings zu über der Hälfte durch REA-Gips gedeckt.

Prof. Ariane Ruff berichtete über die Errichtung des Thüringer Innovationszentrums für Wertstoffe als Netzwerk zwischen Industrie, Dienstleistung, Forschung und Entwicklung in der Wertstoff- und Kreislaufwirtschaft – kurz ThIWert. Dabei wird die Recyc-lingforschung vom ThIWert über einen Zeitraum von 2018 bis Ende 2022 mit rund 6,5 Mio. € durch den Freistaat Thüringen sowie die EU gefördert. 5,17 Mio. € sind für die Anschaffung von forschungsbezogener Infrastruktur vorgesehen. Ein wesentlicher Forschungsschwerpunkt ist das Recycling von Baustoffen, vor allem Gips, um die REA-Gips-Lücke schließen zu können. Die jährliche Menge an REA-Gips lag bisher zwischen 5 und 7 Mio. t, wohingegen 2019 ca. 110 00 t/a an Gips aus Recyclinganlagen bzw. wiederverwendeter Produktionsausschüsse zur Verfügung standen. Neben anderen Lösungsansätzen, wie der Suche nach alternativen Rohstoffen, ging Ruff vor allem auf das verbesserte Schließen des Rohstoffkreislaufs als Lösungsmöglichkeit ein.

Auch die an diesem Tag noch folgenden Vorträge waren dem hochaktuellen Thema Gipsrecycling gewidmet. Abschließend schilderte Dr.-Ing. Jörg Demmich von der Knauf Gips KG die „Auswirkungen des Kohleausstiegs auf die Gipsversorgung Deutschlands“. Er betonte, dass Gips aufgrund vieler positiver Eigenschaften, wie die Schaffung eines guten Raumklimas, der Nichtbrennbarkeit und der Möglichkeit des mehrfachen Recyclings, schon ein Jahrtausende alter Rohstoff ist. Gipsprodukte bieten einen ausgezeichneten Schallschutz und sind leicht und flexibel einsetzbar. Neben den bekannten Einsatzgebieten kann sich ein zusätzlicher Gipsbedarf durch die Herstellung von Calcium-Sulfo-Aluminat-Zementen mit niedrigem CO2-Fußabdruck sowie die Verwendung von Naturgips als Öko-Düngemittel ergeben. Demmich zeigt zwei sich ergänzende Lösungsansätze auf – einen sinnvollen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, um das Gipsrecycling voranzubringen und eine Erhöhung des Naturgipseinsatzes durch eine umweltverträgliche heimische Gipsgewinnung.

Der zweite Symposiumstag war vor allem dem Metallrecycling gewidmet. Wesentliche Schwerpunkte waren dabei Ressourcenschonung und Energieeffizienz bzw. CO2-Einsparung. Dabei kamen ganz unterschiedliche Herangehensweisen in den Vorträgen zum Ausdruck, welche auch die verschiedenen Fassetten des Themas gut wiedergaben. Digitalisierung und Datenmanagement kann Recycling effizienter gestalten, echte Materialkreisläufe und ganzheitliche Verwertungsansätze liefern sekundäre Rohstoffe ohne wesentliche Verluste. Dabei spielen Prozess-Know-How und innovative Lösungen immer eine entscheidende Rolle. Dr. Alexander Wolff von der H.C. Starck Tungsten GmbH stellte die besonderen Herausforderungen beim Wolframrecycling heraus, Andreas Nolte von der Aurubis AG hingegen ging auf die Bedeutung der Metalle im heutigen Zeitalter und auf die Vielzahl der aktuell verwendeten Metalle und deren Recyclingmöglichkeiten ein. Dabei wies er darauf hin, dass das theoretisch mögliche Recyclingpotential von Metallen noch nicht ausgeschöpft wird und diskutierte die interessanten Fragen: „Ist Abfallwirtschaft = Kreislaufwirtschaft?“ und „Wo ist ‚Recycling‘ zu Ende?“.

Dr. Asja Mrotzek-Blöß, Technische Universität Claus-thal, stellte ein neues Projekt vor – WEEE-Harz: Nachhaltige Kreislaufwirtschaft für Elektrogeräte. Auch dieses Netzwerk unterstützt die zunehmende Bedeutung der Region Harz als Industriestandort.

Ein dritter Schwerpunkt widmete sich mit insgesamt 3 Vorträgen dem Batterierecycling. Wobei vor allem auch auf eine nachhaltige Produktion hingewiesen wurde, um ein späteres Recycling und einen möglichst geschlossenen Kreislauf ermöglichen zu können. Prof. Arno Kwade, Technische Universität Braunschweig, beleuchtete das Thema sehr umfassend im Hinblick auf die zunehmende Elektromobilität. Durch eine effektive Recyclingstrategie kann der CO2-Fußabdruck der Batterien gesenkt und idealerweise die Materialien im Kreislauf gehalten werden. Recycling fängt schon bei dem Produktionsprozess an und muss daher als ein ganzheitlicher Prozess angesehen werden.

Während der Pausen und der Abendveranstaltung genossen die Teilnehmer den persönlichen Austausch, nach einer langen Zeit der digitalen Meetings. Eine Posterausstellung sowie eine Fachausstellung mit verschiedenen Firmenpräsentationen lud ebenfalls zum Austausch ein. Die rundherum gelungene Veranstaltung lässt auf weitere hoffen. Alle Vortragspräsentationen können unter https://www.rewimet.de/aktivitaeten/rewimet-symposium-2021 vollständig eingesehen werden.

Die recovery nahm das Treffen mit Dr. Dirk Schöps, Cluster-Manager REWIMENT e.V. zum Anlass, über den erfolgreichen Aufbau des Netzwerkes REWIMET und zukünftige Projekte zu sprechen.

recovery: Wenn Sie, Herr Dr. Schöps, auf die 10jährige Geschichte der REWIMET e.V. zurückblicken, welchen besonderen Herausforderungen hatte sich das Netzwerk zu stellen?

Eine große Herausforderung war der Übergang von der Förderperiode in den ersten Jahren nach der Gründung in die wirtschaftliche Eigenständigkeit. Die Mitglieder finanzieren seit 2014 die gesamte Arbeit durch ihre Mitgliedsbeiträge.

recovery: Warum sollte ein Unternehmen bei REWIMET e.V. Mitglied werden und welche Voraussetzungen muss es mitbringen?

Der größte Nutzen erwächst aus der vertrauensvollen Kooperation der Mitglieder. Wer sich öffnet und Vertrauen aufbaut, entdeckt ganz viele Synergien. So entsteht ein echtes Cluster, in dem man sich gegenseitig unterstützt.

recovery: Welche Erfolge konnte das Netzwerk feiern und was hat sich im Laufe der 10 Jahre verändert?

Erfolge sind sicherlich unsere vielen Projekte und Veranstaltungen. Verändert haben sich die Treiber für unsere Arbeit. War es vor 10 Jahren die Sorge um die sichere Rohstoffversorgung unserer Werke aus primären Quellen, so steht heute mindestens gleichauf die Einsparung von CO2-Emissionen und der Schutz natürlicher Ressourcen durch Recyclingprozesse. Metallrecycling ist aktiver Klimaschutz.

recovery: Ein Blick in die Zukunft – wie sehen die weiteren Pläne und die zukünftige Ausrichtung von REWIMET aus?

Wenn wir vom linearen Wirtschaften wegkommen wollen, brauchen wir jede Menge Innovationen. Uns ist kein Weg zu weit, um zu einer echten Kreislaufwirtschaft zu gelangen. Wir werden dieses Ziel konsequent weiter verfolgen.

recovery: Zum Schluss noch eine wichtige Frage – wann und wo wird das nächste REWIMET-Symposium stattfinden?

Das nächste Symposium findet am 24.08.2023 in Clausthal-Zellerfeld statt. Digital treffen wir uns zum nächsten Innovationsforum Recyclingregion Harz am 05.05.-06.05.2022.

www.rewimet.de

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