BHS-Feinaufbereitung gewinnt wertvolle Metalle aus Reststoffen zurück

Optimierte Output-Qualität beim innovativen Standardprozess

Am Thema Ressourcenschonung führt mittlerweile kein Weg vorbei, doch wie lassen sich wertvolle Materialien bestmöglich wiederverwerten? Insbesondere Metalle gelten als wichtige und knappe Rohstoffe, deren Rückgewinnung für einen nachhaltigen Ressourcenumgang unerlässlich ist. BHS-Sonthofen bietet eine hocheffektive Lösung für metallhaltige Reststoffe mit einer Größe von unter 25 mm an.

Umgeben von wunderschönen Bergblicken auf die Alpen, findet man am Rande von Sonthofen den Firmensitz der Unternehmensgruppe BHS-Sonthofen. Schon von weitem sieht man das blaue Firmenlogo und die modernen Gebäude … die Unternehmensgeschichte reicht jedoch zurück bis ins Jahr 1607. Bereits damals befanden sich hier Hüttenwerke, um das geförderte Eisenerz zu verarbeiten. Die erste Erwähnung dieses Standortes findet sich 1607 als Eisenschmelze und Hammerwerk; 1912 begann man mit der Fertigung von Brechern. BHS-Sonthofen wurde 1953 Staatskonzern, 1996 übernahm Dr. Christof Kemmann und führte BHS als inhabergeführte Unternehmensgruppe weiter. Heute leitet Dennis Kemmann als CEO der BHS-Sonthofen GmbH das Unternehmen. Weltweit besteht die BHS Unternehmensgruppe aus vier Produktionsstandorten in Deutschland, China, Italien und der Slowakei und zehn Tochtergesellschaften weltweit.

Seit 1997 ist BHS-Sonthofen auch im Recyclinggeschäft aktiv – und der Bereich wächst. Mit Blick auf die Zukunft im Bereich Steuerungstechnik und dem Schlagwort IoT übernahm BHS-Sonthofen mit Wirkung zum 1.1.2020 die Thoma Elektrosteuerungsanlagen GmbH aus Babenhausen bei Memmingen als Teil der neugegründeten Tochter BHS Control Systems GmbH & Co. KG. „Die Portfolioerweiterung im Bereich der Steuerungstechnik ermöglicht BHS-Sonthofen mittlerweile bei Klein- und auch bei Großprojekten wie mehrstufigen Recyclinganlagen alles aus einer Hand anzubieten. Die bewährte hohe Qualität von BHS kann so bei noch mehr Komponenten und Lösungen garantiert werden“, unterstreicht Dr. Steffen Kämmerer, Chief Technology Officer (CTO) von BHS-Sonthofen und Geschäftsführer der neu gegründeten BHS Control Systems GmbH & Co. KG.

Als neueste Erweiterung im Recyclingbereich folgte eine Beteiligung der BHS-Sonthofen im Technologiebereich Trenn-, Sortier- und Klassiertechnik. Seit September 2021 ist BHS zu 50 % an RW Recycling World GmbH in der Schweiz beteiligt. Im Jahr 2002 gegründet, verfügt das Unternehmen über bewährte Technologien zum Trennen, Sortieren, Sichten, Sieben und Separieren. Insbesondere für den Geschäftsbereich Recycling & Umwelt stellt dies eine wesentliche Erweiterung der Verfahrenskompetenz, des Technologieportfolios und der Wertschöpfungskette dar und bietet BHS die Möglichkeit, komplette Anlagenlinien aus einer Hand zu konzipieren.

Für die weitere Ausrichtung des stetig wachsenden Unternehmens gibt es klare Vorstellungen: Fokussierung als Schlüssel zum Erfolg. Das erklärte Ziel von BHS ist es deshalb, sich noch weiter auf bestimmte Anwendungsbereiche zu spezialisieren. „In Zukunft werden wir uns vor allem auf spezifische Anwendungen in der Rückgewinnung von hochwertigen Metallen aus verschiedensten Abfällen und Reststoffen sowie im Batterierecycling konzentrieren, in denen wir Technologieführer sind oder sein wollen“, erklärt Daniel Weber, Vice President des Geschäftsbereichs Recycling & Umwelt.

 

Wertvolle Metalle sortenrein zurückgewinnen – die Feinaufbereitung von BHS

Das Thema Ressourcenschonung ist in aller Munde – es wird Zeit, Materialien möglichst sorgsam einzusetzen und zu einem hohen Grad zurückzugewinnen. Gerade Metalle sind oftmals als kritische Stoffe eingestuft, deren Rückgewinnung für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen zwingend notwendig ist. Bei der Aufbereitung von Elektroaltgeräten (WEEE), Shredder-Reststoffen aus der Automobilverwertung oder Müllverbrennungsasche fallen gerade im kleinen Partikelbereich unter 25 mm wertvolle Metalle an. Diese müssen jedoch von den Begleitstoffen, wie Kunststoff oder Mineralik, getrennt werden, um sie wiederverwenden zu können. BHS-Sonthofen hat dafür in langjähriger Entwicklung und mit vielen Tests eine modulare Standardaufbereitungslinie entwickelt, deren Ziel es ist, sortenreine und verkaufsfertige Metallkonzentrate bei hohem Durchsatz zurückzugewinnen.

Beim Aufgabematerial handelt es sich um eine Feinfraktion von 0 – 25 mm. Die Zusammensetzung des Materialstroms kann je nach Anwendung, Land, etc. variieren. Dank der modularen Bauweise und der Erfahrung von BHS lässt sich die Feinaufbereitungsanlage je nach Inputmaterial des Kunden anpassen und entsprechend den individuellen Bedürfnissen erweitern. Herzstück der Anlage ist dabei die BHS Rotorprallmühle in der Ausführung RPMX. Dank ihres speziellen Funktionsprinzips pulverisiert die Mühle Mineralik, legt Metalllitzen frei und verkugelt duktile Metalle selektiv. Zusätzlich entfernt sie zuverlässig Kabelummantelungen und andere an Metallen anhaftende Stoffe.

 

Vorsortieren und Zerkleinern

Neben der Rotorprallmühle gehören natürlich noch eine Reihe weiterer Komponenten zum innovativen Feinaufbereitungsprozess von BHS. Zunächst wird das Aufgabematerial in einem Doseur gesammelt, bevor es im ersten Verfahrensschritt der Vorsortierung über ein Schutzsieb und Zick-Zack-Sichter läuft. Störstoffe und Teile mit einer Korngröße über 25 mm entfernt das Schutzsieb. Im Anschluss entfernt der Zick-Zack-Sichter zudem die störenden mineralischen Anteile und Staub. Dies verschlankt den gesamten Stoffstrom und minimiert Verschleiß.

Nach der Vorsortierung geht das Material in die Rotorprallmühle (RPMX). Hier werden die restlichen mineralischen Anteile pulverisiert, Metalle aufgeschlossen, getrennt und verkugelt. Die Gummi- und Kunststoffanteile durchlaufen die Mühle im Wesentlichen, ohne zerkleinert zu werden. Durch die hohe Umfangsgeschwindigkeit des Rotors wirken Fliehkräfte. Gleichzeitig erzeugen die Zerkleinerungswerkzeuge Prall- und Scherkräfte (siehe Bild: Funktionsprinzip der Rotorprallmühle), die einen hohen Energieeintrag in das Aufgabegut bewirken. Mithilfe einer Rotordeckscheibe wird das Material zusätzlich gezielt von oben in einen engen Spalt zwischen Ringpanzerung und Schlaghämmern geleitet. Hierdurch wird die gesamte Höhe des Mahlspalts für die Zerkleinerung ausgenutzt, was eine längere Verweilzeit und eine höhere Beanspruchungshäufigkeit des Aufgabematerials gewährleistet. Zwischen den hufeisenförmigen Schlägern und der Ringpanzerung entsteht ein intensiver Verkugelungseffekt, der die Voraussetzungen für eine anschließende, effiziente Trennung und Sortierung von Nichteisenmetallen und anderen Materialien setzt. Entsprechend des gewünschten Output-Ergebnisses wird das Aufgabematerial in der Rotorprallmühle gezielt aufbereitet.

Effektivität weiter steigern

Um die Durchsätze zu erhöhen und die Wartung effektiver und arbeitsfreundlicher zu gestalten, entwickelte BHS ihre Rotorprallmühle mit Hilfe von vielen Tests, theoretischen Berechnungen und Simulationen weiter. Eine Neukonstruktion der eingesetzten Hämmer sorgt für noch mehr Effizienz: „Wir haben die Schlaghämmer der RPMX untersucht und geprüft, wie wir hier noch effektiver und robuster werden können“, verrät Jörg Ehrich aus dem Bereich Process Development. „Zum einen geht es uns darum, die Output-Qualität weiter zu optimieren und gleichzeitig den Verschleiß noch weiter zu reduzieren. Zum anderen wurde das Auswechseln und Einstellen der Hämmer im Verschleißfall erheblich vereinfacht. Das verbesserte Wartungskonzept erleichtert es Kunden, Nachjustierungen an den Hämmern selbst schnell und unkompliziert vorzunehmen. Zudem haben wir ein als Dorn bezeichnetes Spezialwerkzeug zum Herauslösen der Hämmer sowie einen Lastaufnehmerhaken in das Design integriert. Letzterer lässt sich einfach in den Hammer einhaken, sodass dieser per Kran leicht heraus- oder hineinzuheben ist, was die körperliche Belastung des Personals wesentlich reduziert.“

Der beschriebene Zerkleinerungsprozess wird standardmäßig 2-3-mal im Kreislauf gefahren, um eine optimale Aufbereitung des Materials zu erreichen. Eine alternative, leistungsfähigere Materialführung sieht eine zweite, in Reihe geschaltete Rotorprallmühle vor, so dass das Material kontinuierlich durch die Anlage geleitet wird. Mit dieser Variante können viel höhere Tonnagen verarbeitet werden. „Ist genügend Platz vorhanden und ein höherer Durchsatz sowie eine kontinuierliche Arbeitsweise der Anlage gewünscht, haben wir beispielsweise bereits Anlagen mit zwei Rotorprallmühlen ausgeliefert. Die beiden Maschinen sind dann hintereinandergeschaltet, sodass sich die Rückführung des Materials erübrigt“, erklärt Ivan Glamuzina, Senior Project Manager bei BHS. Ob Kreislaufverfahren oder nacheinander geschaltete Rotorprallmühlen: Vor jedem weiteren Zerkleinerungsdurchgang in der RPMX entfernt ein Zick-Zack-Sichter leichtes Material und Staub, um die Zerkleinerungstechnik nicht unnötig zu beanspruchen.

Feinsortierung – die eigentliche Wertschöpfung

Nach dem finalen Zerkleinerungsschritt folgt der zweite Teil des Verfahrens: die Sortierung des aufbereiteten Materials. Dazu läuft es über einen Doseur auf eine Siebmaschine, die es in verschiedene Fraktionen sortiert. Welche das sind, ist von der weiteren Verarbeitung abhängig. Auf den Trenntischen werden die einzelnen Fraktionen in „schwer“ – sprich sämtliche Metalle und Metallgemische – und „leicht“ – also in der Regel Kunststoffe und Gummi – separiert. Magnettechnologien trennen die schweren Fraktionen, in denen die wertvollen Metalle enthalten sind, in eine magnetische und eine unmagnetische Metallfraktion. Letztere durchlaufen einen weiteren Separationsschritt. Ein Wirbelstromscheider sortiert die wertvolle Fraktion in schwere Metalle, wie Kupfer, und leichte Metalle, beispielsweise Aluminium. „Dadurch, dass die RPMX alle weichen Metalle bereits gut verkugelt hat und harte Metallteile gut vereinzelt sind, lässt sich das Material in der Wirbelstromabscheidung hervorragend sortieren“, erläutert Jörg Ehrich. Alle fertig sortierten Metallkonzentrate sind anschließend direkt verkaufsfähig.

Investitionssicherheit vorher testen

Aufgrund der großen Varianz beim Aufgabematerial ist eine genauere Kenntnis der Materialeigenschaften zur Abstimmung der Anlagenkomponenten und Prozessparameter notwendig. 2019 hat BHS unter anderem dafür ein neues Test Center in Betrieb genommen, so dass die Kunden sicher gehen können, dass ihre Materialien mit der von BHS konzipierten Feinaufbereitung optimal zerkleinert und sortiert werden. Die Versuche mit Original-Aufgabematerial, die Jörg Ehrich und seine Kollegen gemeinsam mit Kunden im Sonthofener Test Center durchführen, bilden die Grundlage für das von BHS empfohlene und optimierte Verfahren. Außerdem dienen die Versuche und Testergebnisse der weiteren Prozessoptimierung und als Basis für das detaillierte Anlagenengineering sowie für eine individuelle Wirtschaftlichkeitsberechnung.

Zukünftig könnten mit dem Einsatz von alternativen und zusätzlichen Zerkleinerungstechnologien in Kombination mit sensorgestützter Sortiertechnik weitere Anpassungsoptionen dazukommen. „Derzeit prüfen wir, ob damit noch höhere Output-Qualitäten beispielsweise beim Recycling von Lithium-Ionen-Batterien erzielt werden“, ergänzt Ivan Glamuzina. Nicht nur die schlüsselfertige Recyclinganlage kommt bei BHS-Sonthofen aus einer Hand. Mit dem hauseigenen Technologieportfolio – Zerkleinerungs-, Klassier- und Sortiertechnologien sowie der Anlagensteuerung – wird zudem höchste Prozesseffizienz und Zuverlässigkeit bei den Schlüsselkomponenten des Verfahrens sichergestellt.

www.bhs-sonthofen.de

Das Test-Center auf einen Blick

Inbetriebnahme:

26. Juli 2019, Erweiterungen im Bereich Recycling & Umwelt im September 2021

Standort:

BHS Betriebsgelände, Sonthofen

Größe:

1800 qm (zusätzlich 3000 qm Außenperipherie)

Einsatz:

Individuelle Versuche mit dem Material des Kunden in allen Geschäftsbereichen sowie für

Forschung & Entwicklung

Details:

· Testmöglichkeit für komplette Recyclingprozesse, vom Ausgangsmaterial bis zum verkaufsfertigen Produkt, inkl. Klassier- und Sortiertechnik

· Testmöglichkeiten zur sicheren Zerkleinerung von elektrolytgeladenen und tiefentladenen Lithium-Ionen-Batterien und -Akkus (bis 220 kg Gewicht) unter geschlossener Stickstoffatmosphäre.

· Versuche mit unterschiedlichsten Abfall- und Reststoffen möglich: Von Müllerbrennungsasche über Photovoltaikmodule, Lithium-Ionen-Batterien, Schlacken bis hin zu Gewerbemüll und außergewöhnlichen biologischen Abfällen wie Elefantengras für die Biogasherstellung

Vorteile auf einen Blick:

· Komplettes Technologie- und Maschinenportfolio im Produktionsmaßstab

· Versuche im industriellen Maßstab mit individuellem Aufgabematerial

· Monitoring und Dokumentation der Versuche mit Analyse der Testergebnisse

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