Aus zwei mach eins

Neue Freifall-Sortieranlage zur Sortierung von Abfallstoffen

Bauabfälle entstehen beim Abbruch von Ingenieurbauwerken ebenso wie beim Rückbau von Gebäuden. Selbst wenn ein Gebäude selektiv zurückgebaut wird, entstehen Baustoffgemische aus Beton oder Wandbaustoffen, Mörteln, Putzen, Dämmstoffen, Kunststoffen, Metallen etc. Mit den traditionellen Sortiertechniken lassen sich die Leichtstoffe und die Metalle aus diesen Gemischen abtrennen. Für die Sortierung der mineralischen Bestandteile und auch für Kunststoffe müssen neue Wege gefunden werden.

Die Firma OptoSort GmbH, die auf die Sortierung von Gesteinen spezialisiert ist, bietet mit ihren Entwicklungen neue Lösungen für die Sortierung von Bauschutt und anderen Abfallstoffen wie Kunststoffe und Glas an. Die Sortierung erfolgt im Gegensatz zu anderen Sortieranlagen auf dem Markt im freien Fall mit beidseitiger Materialerkennung. Zusätzlich lassen sich durch eine spezifische Konfiguration mehrere Sensoren, wie Nahinfrarot (NIR) und Farbe, koppeln, um unterschiedliche Materialien und Verbundstoffe detektieren und ausschleusen zu können. Somit können hochwertige Sekundärrohstoffe erzeugt werden.

Beispiele für sensorgestützte Sortieranlagen in der Aufbereitung von Abfallstoffen lassen sich in Deutschland, der Schweiz oder Spanien finden. Dabei werden entweder Farbzeilenkameras zur Rückgewinnung von beispielsweise Ziegeln aus mineralischen Bau- und Abbruchabfällen oder NIR-Kameras zur Entfernung von Fremd- und Störstoffen und zur Sortierung verwendet. Mit keiner der beiden Varianten allein ist die Erzeugung sortenreiner Baustofffraktionen möglich.

Aufgrund der immer komplexer werdenden Zusammensetzung von Bauwerken sind neue Technologien erforderlich, mit denen sich möglichst sortenreine und störstoffreine Produkte erzeugen lassen. Insbesondere Gipspartikel können lediglich über eine NIR-Kamera detektiert und aus dem Wertstoffstrom ausgeschleust werden. Eine Detektierung von Gips an einem Verbundbaustoff, z.B. Gipsputz auf Wandbaustoff, ist nur durch eine Erfassung aller Partikelseiten möglich.

Entwicklung einer robusten Freifall-Sortieranlage für den stationären Einsatz

OptoSort hat sich in Zusammenarbeit mit dem IAB-Institut für Angewandte Bauforschung Weimar gGmbH die Entwicklung einer robusten Freifall-Sortieranlage zur Trennung mineralischer Bau- und Abbruchabfälle und Ausschleusung von Störstoffen (Gips, Bitumen, Teer, Kunststoffe etc.) zur Aufgabe gemacht. Durch eine Kopplung von hyperspektraler Nahinfrarot-Technologie und Farberkennung sowie durch eine gleichzeitige „Betrachtung“ aller Partikel­oberflächen können aktuelle wie auch zukünftig zu erwartende Wert- und/oder Störstoffe erkannt und mit einer hohen Rückgewinnungsquote sortiert werden. Eine Sortierung der Bau- und Abbruchabfälle ist die Voraussetzung für geschlossene Stoffkreisläufe in der Bauindustrie.

Eine Freifallsortieranlage mit einer Kopplung der Erkennungssysteme und einer Anordnung der Detektoren auf beiden Seiten der fallenden Bauschuttpartikel ist bis dato weltweit nicht verfügbar. Die Nachteile beider Einzel-Technologien können so ausgeglichen werden (Bild 1).

Die Freifallsortiermaschine verfügt über gekoppelte RGB-Zeilenkameras und hyperspektrale NIR-Zeilenkameras, beidseitig des Stoffstromes angeordnet. Hierbei stehen folgende Funktionalitäten im Vordergrund:

Erkennung trockener wie auch feuchter mineralischer Partikel

Erfassung aller Partikelflächen

Sicheres Ausschleusen der detektierten Störstoffe

Robust und verschleißarm gegen Abrieb durch mineralische Partikel

Flexibel, auch für den mobilen Betrieb

Für Partikel zwischen 10 mm und 100 mm geeignet

Wartungsarm und automatischer Weißabgleich im kontinuierlichen Betrieb

Geringer Energieverbrauch, gezielte Ansteuerung der Partikel mittels Druckluftimpuls

Integration in lokale Netzwerke (LAN) oder Modem

Bevor das Material im freien Fall erkannt und sortiert bzw. der Störstoff ausgeschleust wird, muss es durch eine Vibrorinne über die gesamte Anlagenbreite verteilt und durch eine Rutsche beschleunigt (Bilder 2 – 5) werden.

Im Rahmen von Forschungsarbeiten am IAB erfolgt die Untersuchung der Anwendungsgrenzen und der Ableitung allgemeiner Zusammenhänge (Partikelgröße, Farbe, NIR-Spektrum, Oberflächeneigenschaften der Partikel – wie bspw. Textur, Anhaftungen von Staub). Die chemisch-mineralogischen Zusammensetzungen der Baustoffe sollen mit den Spektren korreliert werden. Die gewonnenen Ergebnisse bilden die Grundlage, die Sortierung von Bauschutt selektiver und effektiver zu realisieren, um den erzeugten Sekundärrohstoffen neue Verwertungswege zu eröffnen.

Wie bisherige Untersuchungen zeigen, lassen sich mineralische Baustoffe anhand ihrer Farbe im Bereich des sichtbaren Lichts zwar deutlich erkennen, jedoch ist es aufgrund von Farbüberlappungen unterschiedlicher mineralischer Baustoffe nicht möglich, diese voneinander zu unterscheiden und zu sortieren. Wenn lediglich eine Farberkennung angewandt wird, kommt es häufig zu Fehlerkennungen und Fehlklassifikationen. Gleichfarbige Störstoffe verschiedener Art können nicht voneinander getrennt werden. Nur Baustoffe mit einem farblichen „Alleinstellungsmerkmal“, wie bspw. Ziegel und Beton, lassen sich separieren.

Im NIR-Bereich treten weniger Fehlerkennungen auf, obwohl einige spezielle Materialien teilweise ungenügend verwertbare Spektren liefern. Nicht erkannt werden Glas (amorph) und stark absorbierende Materialien, wie Dachpappe oder bituminöse Stoffe. Die höchsten Erkennungsraten werden bei Holz, Gips und Porenbeton erreicht. Letztere bilden die Störstofffraktionen, die mit höchster Dringlichkeit aus dem Wertstoffgemenge entfernt werden müssen.

Die Entwicklung der Freifallsortieranlage hat zum Ziel, die Erkennungsraten für die einzelnen Materialien weiter zu steigern, was insbesondere die spektrale Verarbeitung und Validierung betrifft. Durch die Nutzung von Objekterkennungen – in der Sortiersoftware integriert – ist auch eine Erkennung und Ausschleusung von Verbundpartikeln mit anhaftenden Fremd- und Störstoffen möglich.

Mit einer stationären Freifallsortieranlage können bis zu 20 t Bauschutt pro Stunde mit Partikelgrößen oberhalb von 10 mm sortiert werden.  Bild 6 zeigt die Freifallsortieranlage, die sehr robust ausgeführt ist und ebenfalls für die Trennung von Kunststoffgemischen und Altglas eingesetzt werden kann.

Im November 2019 wurde im IAB Recycling-Technikum die Freifallsortiermaschine in Betrieb genommen und erfolgreich erprobt (Bilder 7 – 10). Die innovative Sortiertechnik steht jetzt für verschiedene Sortieraufgaben im Rahmen von Forschungsprojekten und für Industriepartner zur Verfügung. Das Recycling-Technikum im Institut für Angewandte Bauforschung Weimar gGmbH, IAB verfügt über Brecher, Mühlen, Siebmaschinen, Granulierteller und verschiedene Drehrohröfen, so dass hier umfangreiche Aufgaben rund um das Recycling und die Entwicklung neuer Werkstoffe aus Rest- und Abfallstoffen durchgeführt werden können (Bild 10).

www.optosort.com

www.iab-weimar.de

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